Falter v. 24.10.2014 – Omasta legt nahe, Filmempfehlung

Die Gegenstimmen, ein heterogener Laienchor aus Wien, singen für Menschenrechte, Meinungsvielfalt, Freiheit und Gewaltlosigkeit. Der 80-köpfige Chor setzt sich aus IT-Managern, Sozialarbeiterinnen, Verlagsmenschen, Biologen, Dolmetscherinnnen, einem TV-Journalisten und einer Hautärztin zusammen. Regisseur Michael Hudecek begleitet in seinem Dokumentarfilm “Stimmen Stimmen Gegenstimmen” die Entstehung des neuen Programms, die Probenarbeit und die mitunter mühsamen Diskussionsprozesse, die den Chor von herkömmlichen Gesangsvereinigungen unterscheiden.

“Das ist reines politisches Tun” sagt Erke Duit über seine 18 Jahre als Chorleiter. – Im Anschluss an die Premiere wird der Chor Gegenstimmen ein paar Lieder zu Gehör bringen!

 

Katalogtext Diagonale 2014:

diagonaleAm Anfang regiert das Lampenfieber. Vier Jahre hat sich der Wiener „Gegenstimmen“-Chor auf diesen Abend vorbereitet: auf die Premiere des aktuellen politischen Programms im Wiener Konzerthaus. Erke Duit, der Chorleiter, wird zu diesem Anlass nicht den üblichen Frack, sondern ein T-Shirt mit der Aufschrift „Linker Emanzer“ tragen. Konvention ist der „Gegenstimmen“ Sache nicht.

Von diesem Punkt aus geht der Film einige Schritte zurück, begleitet die Entstehung des Programms, die Proben und die internen diskursiven Prozesse, die sich von der Arbeitsweise herkömmlicher Chöre eklatant unterscheiden: Bei den „Gegenstimmen“ gehe es um mehr als das bloße Singen. Es sei der Weg der Auseinandersetzung – mit- und untereinander –, der das Projekt so einzigartig mache. So streiten unter anderem Studierende, Pensionist/innen, Ärzt/innen, Arbeitslose, Sozialarbeiter/innen und Journalist/innen gemeinsam für linke Meinungsvielfalt: über die politische Aufgabe der Kunst – zwischen Beobachterin und Agitatorin –, die nötige Frechheit der Instrumentierung, die gesungenen Texte, die politische Verantwortung der Gesellschaft. Bei mehrheitlich bürgerlicher Provenienz lasse sich diese Art der Protestartikulation freilich nicht ohne einen Schuss Arbeiter/innenbewegungs-Nostalgie lesen, gesteht ein Chormitglied. Und natürlich enden auch viele Diskussionen in Sackgassen und Widersprüchen. Letztlich entspricht aber schon die offene kritische Selbstreflexion einer in Ansätzen gelebten demokratischen Praxis. Nicht nur reden, sondern machen: singen! Ein politischer Musikfilm. (red)

Es war von Anfang an meine Intention, die Themen Musik und Gesang mit dem großen Thema Demokratie zusammenzuführen. Der Chor ist für mich ein geniales Abbild einer Gesellschaft, die versucht, demokratisch – ja sogar basisdemokratisch – Entscheidungen zu treffen, die von allen mitgetragen werden können und auch Früchte tragen. (Michael Hudecek)